Kindererziehung auf Fränkisch
Mit unseren zwei Kleinen, sie waren vielleicht so 4 und 8 Jahre alt, waren wir vor einigen Jahren wieder mal kurz zu Besuch in Franken bei meinen Eltern.
Wie immer, wenn die Kinder mal so rumtobten und der Fernseher lief und das Telefon klingelte, hatte mein Vater trotz allem viel Geduld und Humor. Als mein Mann dann noch etwas in einem Gespräch mit klarem Kopf klären wollte, rief mein Vater unseren Kindern zu:
Kinner, seid leis! Der Fadder schreibd sein‘ Noame!
Im ersten Moment konnte ich das gar nicht richtig verstehen und so erzählte mein Vater über die früheren Verhältnisse. Er erzählte von der Zeit ganz früher, in der die wenigsten Bauern eine komplette Schulausbildung hatten. Entweder man musste auf dem Hof helfen, wurde in den Krieg eingezogen, oder es ging einfach ums Überleben in jenen harten Jahren. Manche konnten schreiben, manch einige konnten nur ihre drei Kreuzchen als Unterschrift geben.
Da war unner Fatter mal bei em Bauern und die Kinner ham so laud auf der Eckbank rumgspield. Der Bauer sollde was unnerschreib‘ und des is ihm hald so schwergfalln. Da hat die Fra halt den Spruch (von da oben) losgelassen und da warn die Kinner auf emal ruich. So ä Unnerschrift war ned so einfach – so ohne Schuldbildung früher – des war richdich aohsdrengend. Endweder had mer so gezidderd, konzendrier mussd mer sich sowieso und manchmal had mer vielleichd ned mal mehr den nächsden Buchstabe gewissd wenn mer scho‘ weng Mosd gsuffä had…
Der Spruch wirkte jedenfalls auch bei meinen Kindern , sie wurden leise. Auf der einen Seite war es die ungewohnte fränkische Anweisung, dann der ungewöhnliche Sachverhalt (warum soll ich leise sein nur weil Papa seinen Namen schreibt?) und dann mein ungebändigtes Lachen, dass gleich nach der kurzen Erklärung meines Vater anfing. Meine Kinder sorgten sich dann schon ein wenig um meine geistige Gesundheit, da ich scheinbar nicht mehr mit dem Lachen aufhören konnte…
Ich benutze das heute noch als Bremse in lauten Angelegenheiten. Dann muss ich meist sofort lachen, weil ich an meinen Vater denke. Die Kinder werden sofort ruhig, und der Rest wiederholt sich… Besser geht’s nicht: Einen bestimmten Satz sagen, gefolgt von Lachen, und schon ist Autorität im Haus.
Kinner, seid leis! Der Fadder schreibd sein‘ Noame! Das nenne ich gute fränkische Erziehung!
Tags: Bauern und Schulbildung, fränkische Bauern, Schulbildung früher